forscht // 14.05.2012

Die Rache des Rezipienten an einer räudigen Rezension

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Als „blutleer“ bezeichnet Werner Felten die Figuren des Romans „Die Unperfekten“ von Tom Rachman am 11. Januar 2011 in seiner 9-zeiligen Rezension auf amazon – dem wohl bekanntesten Social-Commerce-Versandhaus, das nicht gerade unbekannt für seine häufig unqualifizierten Buchbesprechungen ist. Als ‚blutleer‘ erweisen sich jedoch auf den ersten Blick bereits die Worte Feltens, die es dem Leser fast nahezu unmöglich machen, sich auf die Inhaltsebene dieser diffamierenden Kritik zu fokussieren und sich mit ihr auseinanderzusetzen. Ohne Sinn für Klein- und Großschreibung, mit fehlenden Buchstaben in den einzelnen Wörtern und falsch gewählten Satzzeichen um die Wörter herum, zeugt diese Rezension nicht gerade von Herzblut, sondern von ganz viel Blutarmut.

Die Bewertung geschriebener Sprache findet hier in einer Form statt, die es kaum verdient „Schriftsprache“ genannt zu werden − beziehungsweise sich anzumaßen, geschriebene Sprache zu bewerten. Feltens Rezension setzt wie das unerwartete Bellen eines Hundes ein, das den Leser, der über „Die Unperfekten“ beraten und informiert werden will, nicht dort abholt, wo er steht, und dann ebenso unvermittelt wieder abbricht wie es eingesetzt hat. Der Leser – erschlagen von diesem Worterguss – setzt sich nun weniger mit der Frage, ob das hier besprochene Werk gekauft oder nicht gekauft werden soll auseinander, sondern fragt sich, wieso solche Bemerkungen als „Rezensionen“ betitelt  werden, wo es doch offenkundig ist, dass dieser neun-Zeiler mehr ein unkontrollierter und unstrukturierter Gefühlsausbruch ist als eine ‚wirkliche‘ Rezension.

Es – das Werk  – scheint Felten zufolge in „so einem american.writer-seminar entstanden zu sein“, womit der Rezensent sich bei mir – dem Rezipient und nun auch Rezensenten dieser Rezension  − gänzlich ins Abseits manövriert. Diese Äußerung markiert deutlich, dass Felten sich weder mit dem Autor von „Die Unperfekten“ beschäftigt hat noch mit „american.writer-seminare[n]“, die es meines Wissens nach gar nicht gibt. Was ist ein solches Seminar? Wieso erklären Sie es nicht, Herr Felten? Und was haben sie gegen Literatur, die in Seminaren entsteht? Meinen Sie vielleicht creative writing? Und überhaupt: Was soll der Titel  − „das buch ist wie sein titel“ – ihrer Rezension? „Die Unperfekten“ sind Ihrer Ansicht nach ein unperfekter Roman, aber was ist für sie ein ‚perfekter‘ Roman? Sind ‚perfekte‘ Romane denn überhaupt lesenswert?

Sie sehen, meine Leserinnen und Leser, dass man sich im Anschluss an das Lesen von Feltens Rezension mehr Fragen über den Rezensenten stellt als über den Roman. Noch unqualifizierter als diese angebliche Rezension ist aber, dass laut amazon-Angabe 9 von 14 Lesern diese Wortblase als „hilfreich“ hinsichtlich ihrer Überlegungen des Kaufes des Romans empfunden haben, was in mir wieder zahlreiche andere Fragen aufwirft und mich dazu bewegt, mich hier für das Lesen von „Die Unperfekten“ auszusprechen.

„Die Unperfekten“ von Tom Rachmann? Bitte lesen!!!

„das buch ist wie sein titel“ von Werner Felten? Bitte nicht lesen!!

‚Rezensionen‘ auf amazon? Bitte nie lesen!

9 von 14 Kunden fanden die folgende Rezension hilfreich

1.0 von 5 Sternen das buch ist wie sein titel, 11. Januar 2011

Von 

Werner Felten (Frankfurt, Deutschland) – Alle meine Rezensionen ansehen

Rezension bezieht sich auf: Die Unperfekten: Roman (Taschenbuch)

nämlich unperfekt, es scheint in so einem „american.writer-seminar“ entstanden zu sein und schielt schon auf das drehbuch, handlung fehlanzeige, charaktere nicht vorhanden, die protagonisten sind blutleer. machmal hatte ich beim lesen das gefühl,
dass die geschichten deswegen so unperfekt sind, damit sie dem anspruch gerecht werden, aber dann beschlich mich das gefühl, dass ehr der autor noch ein weing üben muss.
Warum so erfolgreich ? na ganz einfach, es spielt im dem milieu, in dem auch die kritiker zu hause sind. ganz schön clever der autor !