liebt // 29.06.2012

Fleisch und Blut

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Die Spanischstunden wurden zu Bastelstunden. Auch noch in der Oberstufe. Die Spuren dieses ungenierten Kinderspiels blieben an mir haften. Flüssigkleber suchte sich seine Wege auf meiner zart behaarten Haut, legte einen farbenfrohen Film über die Tristesse, die einem beim Anblick des im Staccato holpernden − eigentlich rollen sollenden − spanischen Errrrrs in den veralteten Mundwinkeln der Frau M. überkam. Sanftes Abziehen des Klebers. Mein Handrücken zog sich unter dem Zug Deiner kleinen, schlauen Finger zurück. Blieb jedoch auf dem Tisch liegen, der zur Massagebank der Deluxe-Manufaktur wurde. In der Schule, zwischen meinem Kalender, der das Datum meines ersten Ficks mit meinem ersten Freund markierte, waren es Deine Berührungen, die sich in spanischer Manier perfekt artikulierten. Scharf und rollend zogen mich all meine Glieder auf dem Schulstuhl nieder.

Irgendwann im gleichen Jahr die Tutandenreise nach Prag. Stundenlanges Sitzen im verschwitzten Bus, das Inkaufnehmen endlos langgezogener Wolkenfelder. Fehlender Zischlaut beim Öffnen der Apfelschorle, dazu ein von Gurkenscheiben durchweichtes Schwarzbrot mit Käse. Bloß zehn Minuten das Empfinden dieser Zeit. Mit Dir. Gemeinsame Ein-Blicke in Klatsch&Tratsch-Magazine, Analyse und Übereinkunft über die Optik der dort anzuschauenden Barbie-Puppen von Chanel, Dior und Konsorten. Aussprechen von Wünschen, die wir teilten, doch aber für ungewöhnlich befanden. Blutsschwestern. Dem Namen nach, nomen est omen. Aber auch der Geschichte nach. Ist es dieses Gefühl körpergestörter Persönlichkeit gewesen – die Sucht nach metaphysischer Tanzästhetik −, die mich damals und auch heute noch bewegt, wenn ich an Dich denke? Das Verlangen, mich Dir nah zu fühlen. Ist es Flucht? Flucht in den Schoß eines Körpers, der von denselben Gedanken gezeichnet wurde? Teamkollegen − oder als Team intim? Geht es Dir heute auch noch so? Ging es Dir überhaupt jemals so?

Tänzelnd verhüllt mir ein roter Lockenschleier den Verstand, wenn ich mein Inneres nach diesen Neigungen und Weigerungen befrage. Personifiziertes Summen lässt mich voller Lust aufbrummen. Jahre sind dahingetrieben, man hat es so viele Male mit Männern getrieben…

Schuldig! Ertappt beim Stalking. Fotos, die Dich mit Frauen abbilden, werfen immer wieder dieselbe Frage auf: Hast Du es mal getan? Ob Du es mal ausprobiert hast, dieses liebende Wiegen mit selbigem Geschlecht? Bist Du mir bloße Projektionsfläche, ein Austragsort für nur geträumte Träume? Hat jemand in Deinen Seiten gelesen? Sich in Deinen Schenkeln vergraben und Erregendes ausgegraben? Was steht in Dir geschrieben? Vielleicht sollte man diese Gedanken zukleben – vor allem daran denkend, dass mich Samenspuren besprenkeln.

La amistad es un alma en dos cuerpos… ¿verdad?